So kommen Reste groß raus
18 Millionen Tonnen! So viele Lebensmittel werden in Deutschland jedes Jahr weggeworfen.
Bilder in den Medien von Supermärkten, die noch gute und zum Teil noch haltbare Lebensmittel in Containern entsorgen, sind traurig. Gesetzesanpassungen sind gefragt, die es ermöglichen diese Lebensmittel sinnvoll zu retten und Verbrauchern zugänglich zu machen, die sich durch ständig steigende Preise einen gewissen Standard nicht mehr leisten können.
Aber mit Fingern auf den Handel oder auch die Gastronomie zu zeigen, ist nicht der richtige Weg. Denn der größte Teil der entsorgten Lebensmitteln landet leider bei uns Verbrauchern, also bei jedem einzelnen von uns, in der Tonne. Also muss sich auch jeder von uns an die Nase fassen und mal überlegen: „Ist das noch essbar oder kann das weg?“
Dabei kann man mit ein wenig Umstellung des persönlichen Verhaltens schon etwas bewirken. Und wenn jeder von uns ein wenig bewirkt, macht das in der Summe schon eine ganze Menge aus.
Wie und wo kann ich denn damit anfangen?
Viele denken, wenn man das Einkaufsverhalten umstellt, ist das schon der erste Schritt. Aber man kann noch einen Schritt zurückgehen, und vor dem bewussten Einkauf erstmal eine Bestandsaufnahme in Kühl- und Vorratsschrank machen. Auch den Gefrierschrank sollte man dabei nicht außen vorlassen. Einfach mal alles sichten, so brennt sich der Bestand dann auch wieder ins Gedächtnis ein und Doppelkäufe fallen weniger häufig an.
Man wundert sich manchmal, was man da noch für Schätze ausgräbt, die man schon längst vergessen hatte. Oft erübrigt sich dann ein Großeinkauf und es reicht, wenn man den Bestand nur mit wenigen frischen Sachen wie Obst und Gemüse, Milchprodukte, Fleisch und Brot auffüllt.
So hat man mit dem ersten Schritt den zweiten Schritt, nämlich das Einkaufsverhalten, schon ein wenig angepasst. Denn wenn man sich bewusst darüber ist, was man zu Hause alles in den Schränken hat, kauft man auch viel weniger ein, was verderben kann.
Neben der Quantität eines Einkaufs kann man auch am Aspekt der Qualität arbeiten. Oft lässt man Obst und Gemüse liegen, das Dellen hat und nicht mehr so schön aussieht. So denkt jeder! Und jeder lässt das unschöne Obst und Gemüse dann liegen. Das sind dann die Lebensmittel, die am Ende beim Supermarkt in der Tonne landen. Also auch hier beim Kauf einmal überlegen, ob diese Delle jetzt so schlimm ist. Und schon hat man wieder einen kleinen Teil getan.
Meist gibt es in Supermärkten für nicht perfekte oder abgelaufene Lebensmittel einen Platz, wo diese für deutlich weniger Geld angeboten werden. Es lohnt sich also auch für den Geldbeutel hier mal genauer hinzuschauen. Oft sind solche Lebensmittel noch nicht mal abgelaufen und man kann überlegen, ob man diese rettet und zu Hause einfach einfriert.
Und was kann man zu Hause tun?
Sollte es dann doch mal dazu kommen, dass z.B. bei einem Joghurt das Mindesthaltbarkeitsdatum deutlich abgelaufen ist, sollte man sich auf seine Sinne verlassen. Denn das MHD wird oft falsch verstanden: Ist das MHD abgelaufen, kippt das Lebensmittel nicht pünktlich zum aufgedruckten Datum um! Man kann den Joghurt bis zum vermeintlichen Verzehr erstmal ungeöffnet im Kühlschrank stehen lassen. Auch wenn der Deckel gewölbt ist, heißt das nicht, dass der Joghurt verdorben ist. Hier arbeiten die Milchsäurebakterien und die sind eigentlich eher gesund.
Vor dem Verzehr dann erstmal daran riechen. Steigt er unangenehm in die Nase, ist er vermutlich nicht mehr genießbar. Wenn er nicht ungewohnt riecht, einfach mal vorsichtig probieren. Dann kann jeder für sich entscheiden, ob es sich der Verzehr noch lohnt.
Lohnend ist es auch, bei Resten einer Mahlzeit zu überlegen, ob man diese am Folgetag als Lunch mit ins Büro nimmt oder ob man diese lieber zeitnah portionsweise einfriert. So hat man immer ein wenig Abwechslung und vor allem Zeitersparnis im Essensplan. Und am Ende hat man nicht die böse Überraschung, dass etwas in der hintersten Ecke des Kühlschranks verschimmelt ist.
Kleiner Tipp: Wer nicht genug Plastikdosen zum Einfrieren besitzt, oder ungerne Plastik nutzt, der kann auch in leeren Schraubgläsern einfrieren. So hat man auch dem Glas noch ein paar weitere Leben geschenkt.
Auch beim Zubereiten von Essen kann man einiges bewirken. Bevor man Rezepte wälzt und nach deren Zutatenliste wieder neue Lebensmittel kauft, auch hier einfach mal erst eine Bestandsaufnahme machen und gegebenenfalls das neue Rezept noch einen Tag oder zum Wochenende hin aufschieben. Da hat man vielleicht auch mehr Ruhe und Muße mal etwas Neues auszuprobieren. Oft schiebt man solche ambitionierten Pläne unter der Woche doch immer wieder auf. Auch dann drohen Lebensmittel nicht genutzt und vergessen zu werden.
Es gibt so viele Gerichte, bei denen man Reste einarbeiten kann. Hier erfordert es ein wenig Kreativität oder Umdenken um ganz neue, spannende Ergebnisse zu erzielen.
Dreiländerschmeck-Köchin und Resteverwertungsheldin Anja hat hier einige Ideen zusammengetragen, bei denen man sich einige Anregungen holen kann:
- Lasagne: In einer Lasagne kann man sehr viele Reste ganz einfach verwerten. Es muss nicht immer die Fleischsauce sein. Einfach mutig alle Gemüsereste zusammentragen, schadhafte Stellen entfernen und kleinschneiden. Die Stücke in etwas Olivenöl anbraten und etwas mehr als gewohnt salzen, denn die Lasagneplatten ziehen beim Garen noch etwas Geschmack aus der Mischung. Eine würzige Tomatensoße hierfür kann man auch in größeren Mengen herstellen und portionsweise einfrieren. Hierfür Tomatenmark in einem Topf kurz anschwitzen, dann mit Tomatenstücken oder Dosentomaten ablöschen. Olivenöl, Salz und mediterrane Kräuter geben Geschmack. Wer noch einen Rest Gulasch oder ähnliches vom Vortag hat, kann diesen auch einfach in die Sauce einarbeiten.
Schon hat man Zutaten zum Schichten einer Lasagne zusammen. Das gleiche Schema gilt aber auch für einen Nudel- oder Kartoffelauflauf. Hier kommen noch zusätzlich die gekochten Nudeln, Nudelreste und Kartoffeln vom Vortag zum Einsatz.
- Tortilla: Was kann ich außer Auflauf und Bratkartoffeln noch mit gekochten Kartoffeln tun? Eine spanische Tortilla ist schnell hergestellt in dem man die gekochten Kartoffeln in Scheiben schneidet, diese mit gewürfelten Zwiebeln in Olivenöl in einer ofenfesten Pfanne etwas anbrät. 3-4 Eier aufschlagen, würzen und auf die Mischung geben. Die Kartoffeln sollten vorwiegend bedeckt sein. Für etwa 20-25 Minuten bei 160 Grad Umluft im Ofen stocken lassen. Das ist das Basisrezept.
Man kann aber auch noch weitere Gemüsereste, wie z.B. Paprika oder Zucchini verarbeiten. Wenn man Käsereste hat, kann man diese gewürfelt vor dem Backen auf die Oberfläche der Tortilla geben. Das gibt nochmal extra Würze und der zerflossene Käse gibt eine großartige Textur ab.
- Bowls: Sie haben meist eine Grundlage aus z.B. Reis, Quinoa oder Nudeln. Darauf werden sortenrein, also nicht vermischt, weitere Zutaten wie Gemüse, Fisch oder Fleisch angerichtet. Die Soße wird meist für jeden Esser nach Geschmack ausgesucht. Eine Bowl ist auch eine schöne Gelegenheit für ein Familienessen, denn jeder kann sich aussuchen, was er am liebsten mag. Zum Beispiel eine große Schüssel mit Reis, dazu eine große Platte mit geschnittenem Gemüse, weitere Zutaten nach Belieben, frische Kräuter, was der Kühlschrank so hergibt. Dazu werden verschiedene Saucen gereicht.
- Quiche/Galette: Eine Lage Teig, eine Füllung, backen, fertig. Die Quiche unterscheidet sich formal von der Galette, denn bei der Galette werden Teigreste, die über die Form hinausragen einfach vor dem Backen nach innen geklappt. So entsteht ein blütenförmiger Rand. Zusätzlich wird die Quiche mit einer Mischung aus Ei und Schmand oder Creme Fraiche gefüllt. Die Galette kommt meist nur mit einem dünnen Bestrich und einer Lage Gemüse oder Obst aus. Reste können hier mutig zusammengewürfelt werden. Hier ist zum Beispiel ein Rezept für eine Galette, die aus Resten von Filoteig, Weinkraut und saurer Sahne entstanden ist.
Checkliste Lebensmittelrettung
- Kühlschrank, Gefrierschrank und Vorratsschrank prüfen und schauen was noch da ist und was weg muss. So entstehen Pläne was man kochen könnte und man hat einen Überblick was man wirklich kaufen muss. Nie blind einkaufen! Oft kommt es dann zu Doppelkäufen und der Kühlschrank wird zu voll und unübersichtlich.
- Beim Einkaufen am besten auf Basis des Vorrates eine Einkaufsliste machen. Im Supermarkt schauen, ob man weniger schönes Gemüse oder abgelaufene Lebensmittel für weniger Geld mitnehmen kann. Wenn ein besonderes Angebot lockt, evtl. etwas mehr mitnehmen und einfrieren, wenn möglich. Aber auch hier: alles in Maßen!
- Zu Hause: Reste und MHD-Wackelkandidaten zusammentragen und überlegen, ob man sie zu einem Gericht kombinieren kann. Neue Rezepte lieber etwas aufschieben, bis man wirklich Zeit dazu hat.
- Reste, die beim Restaurantbesuch übrigbleiben, kann man sich noch einpacken lassen, wenn es sich lohnt. Denn oft kommt bei den Resten von zwei Personen schon ein kleines Lunchpaket für den nächsten Tag zusammen.